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Die Graffiti-Szene in Passau ist klein, aber vielseitig. An den Wänden der Stadt finden sich mal ganz offen, mal ein bisschen versteckter sogenannte Tags, Schablonen oder Character-Zeichnungen.
Fabian Edenharder ist selbst als legaler Graffitikünstler tätig und kennt sich deshalb sowohl mit den technischen Raffinessen, als auch mit der Szene in Passau aus. Auf einer nächtlichen Tour durch die Stadt zeigt er Orte und Werke und erklärt die Herausforderungen, vor denen Künstler:innen beim Erstellen stehen – und ihre Wege, diese zu lösen.

Kunst ohne Berechtigung_

Versteckte, kaum beleuchtete Ecken und Gassen sind die Orte, an denen Fabian Edenharder nach Graffitis sucht. Der Blick ist dabei nicht immer auf Augenhöhe ausgerichtet, sondern geht mal runter Richtung Boden und dann wieder nach oben an eine Hauswand. Überall könnten sie sein, denn es ist nicht nur eine Suche nach den gut gelegenen, sondern auch nach den meist gesehenen Orten. Selbst hat der heutige Lehrer und Graffitikünstler sein Hobby vor etwa 15 Jahren während eines Jobs im ehemaligen Hip-Hop-Laden „Back-to-Back“ in Passau für sich entdeckt. Seither ist er nicht nur selbst im legalen Bereich tätig, sondern beobachtet auch die Szene in Passau sehr aktiv. Was ist neu dazugekommen, was ist schon länger da und wie oft arbeiten die einzelnen Künstler:innen. Was von wem kommt ist leicht zu identifizieren, da man jahrelang an seinem Stil arbeitet, bis dieser gefunden und perfektioniert ist. Ob ein Graffiti gut aussieht, ist dabei hauptsächlich von der investierten Zeit und der Übung der Schöpfer:innen abhängig. Fabian versteht, warum sich die Stadt über Schmierereien aufregt und wird dabei nicht müde zu wiederholen, dass legale Flächen, sogenannte Wall-of-Fames, die beste Option gegen das Gekrakel wären. Zum einen ist es ein ungeschriebenes Gesetz der Szene, die Werke anderer nicht zu übermalen und zum anderen hätten die Graffitikünstler:innen mehr Zeit zum Üben und könnten dadurch ruhiger arbeiten. Ein Argument, das auch der Passauer Graffitikünstler GEX bestätigt. Er verziert die Stadt immer wieder mit durch Schablonen gesprayten Bildern, die man in Fachkreisen auch Stencils nennt. Erwischt wurde er dabei noch nie, da er die Nächte, in denen er unterwegs ist, sehr sorgfältig auswählt. Sonntage eignen sich gut. Im Sommer seien vor allem Besoffene das Problem, da diese oft noch auf dem Weg nach Hause sind, wenn er seinem Hobby nach geht, sagt GEX. Seine Klettererfahrung hilft ihm dabei, an die entlegensten Orte zu kommen und „dann sprayt man mit der Hand, mit der man sich gerade nicht festhält“, so der Graffitikünstler. Manchmal muss man auch schnell sein, um die Werke zu finden, denn sowohl Stadt als auch Privathausbesitzer sind oft schnell beim Übermalen der Hauswände. Zurecht, denn wenn jemand da hin spraye, kämen bald weitere dazu, erzählt Fabian Edenharder. Um manches übermalte Werk findet er es schade, da sehr viel Kreativität und oft auch Vorbereitung hinter den Graffiti steckt. Dabei wünschen sich Fabian und GEX nur eines: Anerkennung auch für die Arbeit der illegalen Szene.

Die Geschichte des Graffiti_

Im Zusammenhang mit Graffiti denkt man sofort an Hip-Hop – an die Musik, den Tanz und den Lifestyle. Dabei liegt der Ursprung dieser Kunstform viel weiter zurück, aber wo genau fing dieses „sich an einer Wand verewigen“ eigentlich an? Wer war Kilroy und war er wirklich schon auf dem Mount Everest und dem Mond? Wann wurde die Spraydose erfunden und bedeutet Graffiti immer, an die Wand zu sprühen oder gibt es noch andere Formen, seine Kunst an eine Hauswand oder Brückenpfeiler zu bringen?

Begriffe aus der Graffiti-Szene_

Caps: Aufsatz einer Sprühdose, durch den die Dicke und der Stil der Farbe beim Austritt bestimmt wird. (z. B.: Fat Cap, Calligraphy Cap)
Character: gesprayte oder gezeichnete Figur
Cutten: Abtrennung zweier Farben durch eine scharfe Kante
Fill-In: farbig ausgefüllte Fläche in einem Graffiti
Handling: Führung der Spraydose während dem Anbringen der Farbe
Mural: Gestaltung einer großen Wand durch mehrere Künstler:innen zu einem Thema
Outline: andersfarbige Konturlinie eines Graffiti
Piece: aufwändiges, meist mehrfarbiges und großflächiges Graffiti
Reverse-Graffiti: Zeichnen durch das partielle Entfernen von Schmutz von Wänden
Spiegel: Graffiti mit chrom-silbernen Fill-In und einer schwarzen Outline
Stencil: Graffiti, das mithilfe einer Schablone angefertigt wird
Sticker: Aufkleber mit dem Tag der Künstler:innen
Tag: einfarbige, graphisch gestaltete Graffiti-Signatur der Künstler:innen
Wall-of-Fame: Fläche, die zum legalen Gestalten von einer Stadt frei gegeben wird

Illegale Kunst in Passau_

„Man sollte auch als nicht Involvierter mit offenen Augen durch die Stadt gehen, um ein bisschen mehr Akzeptanz dafür zu bekommen und zu merken, dass mehr als ‚Fuck Cops‘ und ‚Fuck Putin‘ dahinter steckt, dass da auch wirklich Leute dabei sind, die sich künstlerisch ausleben und damit eigentlich niemandem schaden, sondern einfach ihrer Kunst Gehör verschaffen wollen und das teilweise sehr gut.“

– Fabian Edenharder –

von Georg Eder