Stolz und vorurteile

In einem liberalen Prostitutionssystem kämpfen die Spielfiguren für Veränderung. Gespräche über die Hoffnung auf einen Umbruch in Gesellschaft, Politik und den Medien.

Sommer 2022 – Über Wochen tragen deutsche Medien eine hitzige Debatte um den Schlager-Hit Layla, in dem herabwürdigend über eine „Puffmama“ gesungen wird, aus. Während die meisten Diskussionen den musikalischen Sexismus und die scheinbar porösen Grenzen der Kunstfreiheit thematisieren, bleibt ein viel tiefer verankerteres Problem hinter dem Nummer-1-Hit zurück: Das deutsche Prostitutionssystem. Es ist zu kompex, um in einem Drei-Minuten-Song abgefrühstückt zu werden, aber auch die Medien scheinen sich schwer mit dem Tabuthema zu tun. Dabei hat Deutschland eines der tolerantesten Prostitutionsgesetze weltweit. Im „Bordell Europas” ist Prostitution grundsätzlich legal, solange sie nicht unter Zwang, von jemand Minderjährigem oder in einem sogenannten Sperrbezirk ausgeübt wird. Vor fünf Jahren wurde dann das Prostituiertenschutzgesetz mit der Intention verabschiedet, die Sicherheit, die Gesundheit und die Selbstbestimmung von Sexarbeiter:innen in Deutschland zu schützen. „Mit diesem neuen Gesetz wird die rechtliche Situation von Prostituierten weiter gestärkt”, heißt es auf der Seite des Bundesfamilienministeriums zum Prostituiertenschutzgesetz. Schützt das Gesetz die „Laylas“ des Landes wirklich? Oder sollte mehr über ihre rechtliche Lage diskutiert werden?

Betroffene sehen in dem Gesetz keinen Schutz. Für die einen ist es ein Einschnitt in ihre Selbstbestimmung, für die anderen nicht genügend rechtliche Beschränkung. Prostitution – Ein Diskurs, in dem in Deutschland zwei Ansichten aufeinander treffen. Beide erhoffen sich eine Änderung in der Politik und der Gesellschaft, verfolgen dabei aber gegensätzliche Ziele.

Sarah Müller ©Privat

Morgens Sozialarbeiterin, abends Escort

Sarah ist Teil der Gruppe, die das Gesetz schützen soll. Als Prostituierte bezeichnet sie sich ungern. Sie mag den Begriff nicht, weil sie die Wortherkunft nicht schön findet. „Sich prostituieren” bedeutet so viel wie „sich herabwürdigen”. „Ich fühle mich aber nicht, als würde ich mich herabwürdigen”, erzählt die Stuttgarterin selbstbewusst. Sexarbeit ist Sarahs Nebenjob, den sie gerne ausübt und auf den sie stolz ist. Wenn sie könnte, würde sie ihn hauptberuflich machen. Doch dafür ist ihr die Selbstständigkeit zu unsicher. Also arbeitet sie montags bis freitags von 8:30 Uhr bis 17:30 Uhr in einer Festanstellung. Dort heißt sie anders, Sarah ist ihr nächtlicher Arbeitsname. Tagsüber ist sie Sozialarbeiterin, ein Beruf, den die Gesellschaft als „normal” bezeichnet. Zurzeit berät sie Schwangere – und Prostituierte. Man merkt ihr an, dass sie dieser Job sie nicht gleichermaßen erfüllt, sondern eher Mittel zum Zweck ist.

Wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, zieht sich sich um, fährt in ein Hotel und schläft für Geld mit fremden Männern. Ihre Augen leuchten, als sie davon erzählt. Sie hofft, dass die Gesellschaft diesen Beruf irgendwann auch als „normal” akzeptieren wird. Für Sarah ist die Stigmatisierung von Prostitution eine Folge der generellen Tabuisierung von Sex. Wäre die Gesellschaft nicht so prüde, dann könnte man sich vielleicht auch besser vorstellen, dass eine Frau am Tag mit mehreren Männern Sex hat, vermutet die 33-Jährige. Um dem bestehenden Stigma gegenüber Sexarbeit entgegenzuwirken, hofft Sarah, dass die Gesellschaft irgendwann weniger Vorurteile hat und fordert: „Wir sollten offener für die Vielfalt werden.” Damit meint sie zum Beispiel Polyamorie, Fetische, Homosexualität und offene Beziehungen. Lebens- und Beziehungskonzepte, die von der Norm abweichen.

Reingerutscht, nicht abgerutscht

Als Sarah angefangen hat, als Escort zu arbeiten, führte sie selbst eine offene Beziehung. In ihrer Partnerschaft war es für beide in Ordnung, noch mit weiteren Personen zu schlafen. Um Männer kennenzulernen, nutzte sie Joyclub. Das ist „quasi wie Tinder, nur noch mehr auf Sex aus”, erklärt Sarah. Zusätzlich bietet die App „Sex Education”: Nutzer:innen können Seminare und Workshops zu Themen wie Tantra Massage oder Sexualtherapie belegen. Sarah erzählt, dass sie schon immer neugierig war, was ihre Sexualität betrifft: „Ich wollte Dinge erfahren und ausprobieren.” Was hat es mit BDSM, S&M oder Slow Sex auf sich? Auf Joyclub bekam sie nicht nur Antworten auf ihre Fragen, sondern auch extrem viele Sexangebote. So viele, dass sie irgendwann nicht mehr hinterher kam. Als sie Männer ablehnte, boten manche ihr im Gegenzug Geld an. Und Sarah dachte sich: „Das ist ja praktisch.”

Zwei Jahre ist das nun her. Während sie im Zoom-Gespräch davon erzählt, kommt im Hintergrund ihr neuer Freund nach Hause. Sarahs aktuelle Beziehung ist monogam: „Das eine ist mein Job und das andere ist mein Privatleben.“ Als Sarah und ihr Partner sich kennenlernten, arbeitete sie bereits als Escort. Sie kommunizierte ihm offen, womit sie ihr Geld verdient. Und auch sonst weiß eigentlich jeder in ihrem Umfeld Bescheid: „Ich will in meinem Leben nur Menschen haben, die meinen Beruf akzeptieren”, sagt sie bestimmt. Das waren anfangs nicht alle. Eine gute Freundin brach den Kontakt ab. Sarah glaubt, dass diese Verständnislosigkeit mit einem Opfergedanken zusammenhängt, der in der Gesellschaft vorherrscht: „Dass Frauen, die sich prostituieren, zwingend Opfer sein müssen und dass das deshalb nicht gut für mich sein kann.” Die lebensfrohe Frau hofft, dass man Sexarbeit irgendwann als das ansieht, was es laut Sarah ist: „Eine Form der Dienstleistung.“

Hilfe und eine warme Mahlzeit

Andrea Elle teilt diese Einstellung. Die Diplom-Pädagogin und systemische Beraterin arbeitet im Sperrgebiet Hamburg, einem niedrigschwelligen Fachberatungsangebot der Diakonie Hamburg. In der Hansestadt, in der sich mit dem Kiez rund um die Reeperbahn das bekannteste Rotlichviertel Deutschlands befindet, gehört Prostitution zum Alltag. Frauen stehen in St. Pauli auf offener Straße und werben ihre Freier an, zwischen Bars und Diskotheken reiht sich ein Bordell an das nächste. Mitten in dem berüchtigten Viertel befindet sich mit dem Sperrgebiet St. Pauli einer der beiden Standorte der diakonischen Fachberatungsstelle, der andere liegt in St. Georg. Auch dieser Stadtteil ist geprägt von Prostitution, obwohl es sich um einen Sperrbezirk handelt, also einem Ort, an dem Prostitution verboten ist. Mitten zwischen Bürogebäuden und Apartement-Komplexen befindet sich das Sperrgebiet St. Georg.

Andrea Elle ©Privat

In der Prostitution tätige Frauen können ohne Termin vorbeikommen, etwas essen, an einem der Computer privat im Internet surfen oder auf der Terrasse entspannen.

Ähnliche Angebote gibt es deutschlandweit. Manche spezialisieren sich auf Prostituierte, die Drogen konsumieren, andere auf männliche Sexworker. Während Sarah auf ein solches Angebot nicht angewiesen ist, bietet das Sperrgebiet Hamburg weniger privilegierten Prostituierten einen Zufluchtsort, an dem sie zudem eine juristische und ärztliche Beratung erhalten. Davon profitieren vor allem die Frauen, die nicht krankenversichert sind. Eigentlich müssten alle Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in Deutschland seit der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes und der damit verbundenen Meldepflicht bei der zuständigen Behörde auch krankenversichert sein. Aber viele verstehen das Verfahren nicht, ein Großteil spricht kein Deutsch. Zwar hilft das Team von Sperrgebiet bei der Registrierung, grundsätzlich steht die Diakonie Hamburg dem Prostituiertenschutzgesetz aber kritisch gegenüber. Auch Sarah sagt, dass es keine Vorteile bringen würde. Hingegen wäre es fraglich, ob das Ziel, die Verhinderung von Zwangsprostitution und Menschenhandel, wirklich erreicht wird. Das bezweifeln sowohl Sarah als auch Andrea Elle. Beide nennen zudem eine Reihe an Nachteilen, die mit dem Gesetz einhergehen: Zum Beispiel müssen Prostituierte sich als solche ausweisen.

Beispielbild Hurenpass ©hamburg.de

Laut Elle kann der umgangsprachlich genannte „Hurenpass“ die Sicherheit und die Anonymität der tragenden Person gefährden, beispielsweise wenn ein Freier ihn sehen möchte und damit die echte Identität der Prostituierten herausfindet. Viele arbeiten wie Sarah unter einem anderen Namen. Paradox, soll das Gesetz doch die Sicherheit von Prostituierten schützen. In keiner anderen Branche müsse man bei einer Kontrolle nachweisen, in welchem Beruf man arbeitet, sagt Elle. Das verstärke Vorurteile gegenüber Prostitution nur noch mehr, bemängelt Sarah. In Beratungsstellen wie dem Sperrgebiet begegnen Prostituierte keinen Vorurteilen. Elle und ihr Team arbeiten ergebnisoffen. Sie unterstützen die Frauen bei allen Anliegen. Nicht jede Prostituierte hofft, irgendwann aus dem Milleu auszusteigen. „Wir sind dafür da, die Frauen in ihrer Selbstbestimmung zu fördern”, erzählt Elle.

Hauptsache nicht wie Schweden

Sarah ist sich ihres Privilegs bewusst. Sie wünscht sich, dass eines Tages alle Sexworker so selbstbestimmt arbeiten können wie sie. Daher ist sie Ende letzten Jahres dem Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen beigetreten, um sich für die Frauen und Männer einzusetzen, die sich unter anderen Umständen als sie prostituieren und sich in einer hoffnungsloseren Situation befinden. Der laut eigenen Angaben größte Sexworker-Verbund Europas fordert eine Entkriminalisierung und legale Anerkennung von Sexarbeit.

Die vollständige Abschaffung aller Gesetze und Regulierungen, die Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen kriminalisieren, behindern oder einschränken, mehr als dies für andere Berufe der Fall ist. Dazu zählen auch die Gesetze, die nicht Sexworker selbst, sondern ihre Kund:innen, Partner:innen, Freund:innen, Familie oder Dritte diskriminieren. Eine vollständige Entkriminalisierung ist die Voraussetzung für eine legale Anerkennung von Sexarbeit.

Die Anerkennung jeglicher Aspekte der Sexarbeit als eine einvernehmliche erotische oder sexuelle Dienstleistung im Gegenzug für eine Bezahlung. Dabei ist von „Legalisierung” zu unterscheiden, bei der er sich um die staatliche Regulierung und Kontrolle von Sexarbeit durch Gesetze und Vorschriften handelt.

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Damit will der Verein genau das Gegenteil von dem, worauf Vertreter:innen des sogenannten Nordischen Modells hoffen. Diese Rechtsform gilt in Schweden: Um Prostitution zu unterbinden, werden hier nicht die Sexworker selbst, sondern die Sexkaufenden bestraft. Huschke Mau ist eine der bekanntesten Befürworter:innen dieses restriktivem Systems. Die Aktivistin und ehemalige Zwangsprostituierte sieht in der liberalen Prostitutionspolitik in Deutschland einen Nährboden für Zwangsprostitution und Menschenhandel. Sarah versteht zwar die Ansicht von Mau, unterstützt diese aber nicht. Sie hofft, „dass die aktuelle Diskussion über das Nordische Modell sehr schnell aufhört.” Denn gäbe es dieses Verbot, könnten sie und andere Sexworker ihrer Ansicht nach nicht mehr sicher arbeiten.

Ihnen würde unter anderem erschwert werden, sich im Falle eines Vergehens eines Freiers an die Polizei zu wenden. Ebenfalls könnte Sarah nicht mehr in Hotels arbeiten, welche für sie dank der besetzten Rezeption einen „sicheren Arbeitsplatz” bieten, sondern müsste sich an unbeobachteten Orten verabreden. Schließlich dürfte niemand von ihrer Tätigkeit wissen. Wenn sie diese dann überhaupt noch ausüben würde. Und auch Hilfsangebote wie das Sperrgebiet Hamburg wären nicht mehr möglich. Faktisch würde mit dem Nordischen Modell ein Sexkaufverbot herrschen, ohne dass man es als solches benennt. Zudem würden durch die Kriminalisierung von Freiern auch diese stärker stigmatisiert werden. Laut Sarah sind ihre Kunden aber „keine Monster, sondern normale Menschen mit einem gewissen Bedürfnis.“

Auch Elle möchte, dass Freier nicht als moralisch verwerflich betrachtet werden, sondern als Kunden, die eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Sie steht dem Nordischen Modell ebenfalls „sehr, sehr kritisch” gegenüber. Dass ein Verbot von Sexarbeit keine Lösung ist, konnte die Sozialarbeiterin während der Corona-Lockdowns sehen. Über Monate hinweg mussten Bordelle geschlossen bleiben. „Die Frauen waren verzweifelt, weil sie nicht arbeiten und somit kein Geld nach Hause schicken konnten“, erinnert Elle. Sie meint die Frauen, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, die meisten aus Osteuropa oder Afrika. Für viele von ihnen ist Prostitution die einzige Option. Nicht unbedingt, weil sie unter Zwang arbeiten, sondern weil sie wegen der Sprachbarriere große Probleme haben, einen anderen Job zu finden. Einige können nicht einmal lesen oder schreiben. Elle grenzt diese Form von Sexarbeit klar von Zwangsprostitution ab und bezeichnet sie als „Armutsprostitution.“ Zwang sei immer erst dann der Fall, wenn eine dritte Person im Spiel ist, welche die andere Person unterdrückt.

Rechtlich versteht man unter freiwilliger Prostitution eine sexuelle Dienstleistung, die als legale Erwerbsmöglichkeit von einer volljährigen Person ausgeübt wird. Die Person hat sich freiwillig für diese Tätigkeit entschieden.

Zwangsprostitution meint die sexuelle Ausbeutung von Personen, die gegen ihren Willen und gegebenenfalls unter Androhung von Gewalt zur Prostitution gezwungen werden. Zwangsprostitution ist illegal.

Unter Armutsprostituierten versteht man Personen, die zwar unter rechtlich legalen Bedingungen, also ohne Zwang einer dritten Person oder unter Androhung von Gewalt, Sexarbeit anbieten, jedoch aufgrund von Geldnot oder Sprachbarriere keine Alternative haben.

Für Sarah hat Zwangsprostitution nichts mehr mit Prostitution zu tun, genau wie für sie eine Vergewaltigung kein Sex ist. Beides sei „ein Akt der Gewalt.“ Sie hofft, dass Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland endlich dort verortet werden, wo sie hingehören: „In der Kriminalität.” Dafür wäre es auch wichtig, „besser zwischen den verschiedenen Begrifflichkeiten zu differenzieren.“ Freiwilligkeit sei für Sarah immer dann gegeben, wenn man wie sie Alternativen hätte, also „wenn ich die Sprache und den Bildungsstand habe, etwas anderes zu tun”, erläutert sie. Verfügt man nicht über diese Privilegien, hat man kaum eine Möglichkeit, für sich einzustehen. Um zu zeigen, wie hoffnungslos der Alltag mancher Prostituierten ist und um herauszufinden, ob und wie Orte wie das Sperrgebiet Hamburg ihnen Hoffnung geben, müsste man mit einer Armutsprostituierten sprechen. Doch diese sind „so sehr mit dem eigentlichen Überleben beschäftigt”, bedauert Elle, dass sie keine Zeit oder Kraft für Auftritte in den Medien haben. Das führt dazu, dass in den meisten medialen Diskussionen immer nur zwei konträre Seiten gegenüber stehen: Eine ehemalige Zwangsprostituierte, beispielsweise Huschke Mau, und eine sehr privilegierte Prostituierte, jemand wie Sarah. Die Realität liegt aber in den meisten Fällen dazwischen. „Prostitution ist sehr vielseitig und vielschichtig, es gibt viele Schattierungen“, sagt Elle. Die Pädagogin ist ein Sprachrohr für die vielen Armutsprostituierten, die in Deutschland arbeiten. Sie hofft, dass die öffentliche Diskussion in den Medien irgendwann weniger eindimensional dargestellt wird. Und dass die Diskussion weniger moralisch, dafür mit mehr Pragmatismus und weniger Verurteilung geführt wird: „Ich hoffe, dass der Beruf weiterhin anerkannt wird, dass Menschen aus prekären Verhältnissen mehr Unterstützung bekommen und dass ihre Rechte gestärkt werden.” Im aktuellen Prostitutionsdiskurs macht ihr Hoffnung, dass Deutschland zumindest nicht wie viele andere Länder sofort dem schwedischen Vorbild gefolgt ist.

Länder, die das Nordische Modell eingeführt haben: Schweden, Norwegen, Island, Irland, Nordirland, Frankreich, Kanada, Israel

Trotzdem hofft Elle, dass die Maßnahmen aus dem Prostituiertenschutzgesetz nochmal überarbeitet werden: „Ich sehe dieses Gesetz nach wie vor sehr kritisch und glaube nicht, dass es die Frauen schützt.“ Vor der Umsetzung des Gesetzes hat die Diakonie Hamburg ein Zehn-Punkte-Papier aufgesetzt und Forderungen an das Familienministerium gestellt. Darin wird unter anderem gefordert, Menschenhandel und Prostitution differenziert zu betrachten, Prostitution zu entstigmatisieren, Fachberatung flächendeckend zu ermöglichen und Opfer entsprechend zu entschädigen. Umgesetzt wurden die Punkte nicht: „Jetzt gibt es das Gesetz seit fünf Jahren und es ist alles eingetreten, was wir befürchtet haben”, resultiert Elle enttäuscht. Eine Evaluation soll bald darüber Auskunft geben, welche Auswirkungen das Prostituiertenschutzgesetz hatte. Der Bericht soll dem Bundestag spätestens im Juli 2025 vorgelegt werden. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung, dass sich die Gesetzeslage für Sarah, Andrea Elle und alle Betroffenen verbessert.

Nicht alle Sexarbeiter:innen haben sich wie Sarah freiwillig für den Beruf entschieden. Sogenannte Loverboys machen jungen Mädchen falsche Hoffnung auf Liebe und ziehen sie damit in die Prostitution. Für diese Folge von “Hoffnungsfunk:en” habe ich mit Anne Wiekhorst vom Präventionsprojekt FairLove gesprochen.