Wechselspiel der Blicke

Sehen hat kein Geschlecht, doch der Blick scheint männlich zu sein. Fast jeden Tag konsumieren wir Filme, Kunst und Medien, ohne zu hinterfragen, warum wir die Dinge so sehen, wie sie uns gezeigt werden. Attraktive Körper, leicht bekleidete Frauen und viel Männlichkeit – das ist der Inbegriff des Male Gaze. Er bestimmt die Wahrnehmung von Frauen und beeinflusst, wann sie sich selbst als begehrenswert empfinden.

Julia Ben-David & Malin Müller

Fotografin Michele Aflatoon und Schauspielerin Martina Dähne | Foto: Malin Müller

Die Motorhaube quietscht leicht als sie von Megan Fox, in der Rolle der Mikaela Banes, geöffnet wird. Im Hohlkreuz stützt sie sich an dem gelben 1970er Chevrolet Camaro ab, bekannt als Bumblebee aus den Transformers-Filmen. Die Kamera erfasst sie zunächst aus der Ferne und fährt dann langsam auf ihren in der Abendsonne glänzenden Körper zu. Kurz bevor die Linse eine Nahaufnahme einfangen kann, erfolgt ein abrupter Schnitt. Ein Blickwechsel zum männlichen Protagonisten Sam, wie er Mikaela anstarrt. Ein neuer Kameraausschnitt reicht ihr nun von der Hüfte bis zur Brust, ihr Kopf ist vom Bildrand abgeschnitten. Der Fokus liegt auf ihrem braungebrannten Körper, eingehüllt in engen Jeans und einem orangefarbenen Top, das sich leicht über die Brust spannt. Die Kamera erfasst nun Mikaelas Beine, verweilt etwas länger auf ihrem straffen Bauch, bevor sie langsam zu ihren Brüsten aufsteigt. Die Aufnahme schwenkt nach links, um ihren vorgebeugten Körper zu erfassen. Sams Blick bleibt die ganze Zeit auf ihr, voller Begehren. Mikaelas Rolle im Film besteht darin, den männlichen Protagonisten zu beeindrucken, ihn zu verführen und seine Fantasien zu erfüllen.

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Die Filmszene stammt aus dem 2007 erschienen Actionfilm Transformers und gilt als plakatives Beispiel für die sexualisierte Darstellung weiblicher Figuren. Mainstream-Filme sind voll von solchen objektifizierenden Charakteren. Von Megan Fox als sexy Mechanikerin bis hin zu Harley Quinn in Suicide Squad – diese Rollen wurden von männlichen Regisseuren inszeniert und verstärken das Stereotyp der Frau als Sexobjekt. Solche Bilder sind vertraut und werden selten hinterfragt, doch dahinter verbirgt sich ein Blickwinkel, der nur auf ein Geschlecht abzielt – der Male Gaze.

Der Male Gaze – Sind Frauen nur zum Anschauen da?

Der Begriff des Male Gaze – zu Deutsch: männlicher Blick – beschreibt, wie Frauen im Film als Objekte männlicher, heterosexueller Begierde dargestellt werden. In den 1970er Jahren führte die Filmwissenschaftlerin Laura Mulvey dieses Konzept erstmals in ihrem Essay Visual Pleasure und Narrative Cinema ein und machte darauf aufmerksam, wie Frauen oft auf eine sexualisierende und objektifizierende Weise in Filmen inszeniert werden. Weibliche Charaktere sollen in erster Linie dekorative oder ästhetische Funktionen erfüllen. Es geht nicht um ihre eigene Geschichte, sondern hauptsächlich darum, dem männlichen Protagonisten und den Zuschauern zu gefallen. Im Buch Gender und Medien Reader wird diese Dynamik von Budd Boetticher, Filmregisseur und Drehbuchautor, treffend zusammengefasst: „Worauf es ankommt, ist das, was die Heldin auslöst, oder eher, wofür sie steht. Sie ist es – oder vielmehr die Liebe oder Angst, die sie dem Helden einflößt, oder auch das Interesse, das er an ihr hat –, die ihn so handeln lässt, wie er es tut. An sich hat die Frau nicht die geringste Bedeutung.“

Mulvey erläutert, dass dieser voyeuristische Blick, der Male Gaze, drei Perspektiven umfasst:

  1. Der Blick der Kamera, zum Beispiel in der Art und Weise, wie die Frau gefilmt und präsentiert wird.
  2. Der Blick der Charaktere im Film, wie sie auf die Frau schauen und mit ihr umgehen und welchen Stellenwert sie in dem Film (für den Mann) hat.
  3. Der Blick der Zuschauenden, die sich an der Darstellung der Frau vergnügen.

Die Frau ist also hauptsächlich dazu da, um angeschaut zu werden.

Die James-Bond-Filmszene Stirb an einem anderen Tag macht den Male Gaze greifbar:

James Bond zieht an seinem Zigarillo, als er zum Fernglas greift und durch die Linse blickt. Vor ihm taucht Halle Berry in ihrem orangefarbenen Bikini aus dem glitzernden Meer auf. Das Sonnenlicht spiegelt sich auf den Wellen und ihrem Körper wider. Die Kamera wird zu unserem eigenen Blick, und zeigt, wie sie sich im Wasser dehnt, ihre Bewegungen verführerisch. Ein Blickwechsel zu Bond, der kurz das Fernglas absetzt, bevor er wieder hindurchblickt. Aus seiner Perspektive dürfen auch die Zusehenden einen erneuten Blick auf Halle Berrys Körper erhaschen. Die Kamera verweilt, betont ihre Kurven. Als sie aus dem Wasser geht, spricht Bond sie mit den Worten „magnificent view“ – herrliche Aussicht an. Er spricht vom Meer, meint aber sie.

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Anhand dieser Szene erkennen wir das Wechselspiel der Blicke. Da ist James Bond, der fasziniert die weibliche Figur anstarrt, sein Blick voller Begehren. Die Kamera unter der Leitung des männlichen Regisseurs Lee Tamahori, die den Blick des Publikums lenkt. Und schließlich sind da die Zuschauenden, die das Endergebnis anschauen und die Objektifizierung unbewusst aufnehmen.

Mulvey gab einem schon immer existierenden Phänomen einen Namen. Der Male Gaze ist so tief in der Gesellschaft verankert, dass aus seiner Perspektive heraus objektifiziert, beurteilt und verurteilt wird.

Ob sich an den James-Bond-Filmen jemals etwas ändern wird, bleibt fraglich. Schließlich bleibt James unverändert der „charismatische“ Agent Bond, den alle kennen.

Alte Klischees und neue Zahlen

Eine aktuelle Studie der MaLisa-Stiftung von Maria Furtwängler, die die Diversität von Frauen im Kino im Zeitraum von 2017 bis 2020 untersucht hat, zeigt, wie tief Vorurteile und Stereotypen in der deutschen Filmbranche verwurzelt sind.

Für die Analyse wurden 390 überwiegend deutsche Spielfilme mit insgesamt 851 Protagonist:innen untersucht, die in den Jahren 2017 bis 2020 uraufgeführt wurden. Die Untersuchung berücksichtigte Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung, Behinderung, Migrationshintergrund und „ethnische Herkunft“ der Protagonist:innen. Zusätzlich wurden die jeweils 100 erfolgreichsten Arthaus- und Mainstream-Kinofilme vertiefend analysiert. Dabei wurde der Bechdel-Wallace-Test angewendet, um zu prüfen, inwieweit Frauen auf Partnerschaft und Beziehung zu Männern reduziert werden. Nichtbinäre und andere Geschlechtsidentitäten konnten in der Stichprobe nahezu nicht identifiziert werden, weshalb die Ergebnisse lediglich nach Männern und Frauen aufgeschlüsselt wurden.

Quelle: https://malisastiftung.org/frauen-auf-leinwand-ergebnisse-fortschrittsstudie/

Was ist der Bechdel-Test?

Bechdel-Wallace-Test

Beim Bechdel-Wallace-Test handelt es sich um einen einfachen Maßstab, um die Stereotypisierung weiblicher Figuren in Filmen zu bewerten. Eingeführt wurde er in den 1980er Jahren von der US-amerikanischen Comiczeichnerin Allison Bechdel.

Der Test besteht aus drei einfachen Fragen:

  • Gibt es mindestens zwei Frauenrollen?
  • Sprechen sie miteinander
  • Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann?

Ein Film besteht den Bechdel-Wallace-Test, wenn alle drei Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können. Obwohl der Test sehr simpel erscheinen mag, wird er von vielen Institutionen und Fördereinrichtungen verwendet. Er dient als Gradmesser dafür, ob Frauen im Film zwar sichtbar sind, aber keine bedeutende Rolle spielen. In der Rostocker Studie wurde sogar eine Gegenprobe, der „Furtwängler-Test“ eingeführt, der dieselben Fragen nur auf Männer bezogen stellt.

SexismusLexikon: https://sexismus-lexikon.de/practice/

Mehr Frauen, gleicher Sexismus

Auf den ersten Blick mögen die Zahlen optimistisch stimmen: Frauen besetzen mittlerweile 47 Prozent der Hauptrollen in deutschen Filmen und sind damit fast so häufig wie männliche Protagonisten vertreten, was einem leichten Zuwachs von fünf Prozent im Vergleich zu früheren Jahren entspricht. Klingt nach Fortschritt, doch mehr Frauen bedeutet nicht weniger Sexismus. Gehe es nach den meisten deutschen Filmen, so wäre die perfekte Hauptdarstellerin wohl eine junge schlanke Frau auf der Suche nach Liebe. Die Darstellung von Männern ist vielsichtiger. Sie haben erkennbare Berufe und dürfen auch mal übergewichtig sein.

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Während Frauen bis Mitte 30 noch genauso häufig wie Männer auf der Leinwand zu sehen sind, nimmt ihre Präsenz mit steigendem Alter rapide ab. Die Schauspielerin Martina Dähne ist mit dem Altersunterschied zwischen männlichen und weiblichen Schauspieler:innen vertraut. In einem Interview mit uns erklärt sie: „Es geht auch um die ‚Fuckability’, und ab 40 ist die nicht mehr da. Und da wirst du ausgemustert. Ich glaube, es ist da gerade ein Wandel, aber dass ich aufgrund eines Alters oder einer vielleicht nicht mehr so starken sexuellen Attraktivität einen Job nicht mehr bekomme – das ist auf jeden Fall präsent. Bei allen Schauspielerinnen jenseits der 40.”

Dieser Trend zeigt sich deutlich in der Altersgruppe 50+, wo Männer die Bildfläche mit einem Anteil von 70 Prozent dominieren.

Eine weitere Erkenntnis der Studie betrifft die Darstellung des weiblichen Körpers. Protagonistinnen sind selten dick und dreimal so häufig (sehr) dünn im Vergleich zu Männern.

Diese einseitige Abbildung zeigt sich auch in der Berufswelt. Während männliche Figuren oft klar beschriebene und prestigeträchtige Berufe haben, werden Frauen weiterhin in klischeehaften Rollen dargestellt und erscheinen überwiegend in Zusammenhang mit Partnerschaft und Familie.

Bei der Untersuchung kreativer Schlüsselpositionen stellte sich heraus, dass Frauen hinter der Kamera weiterhin unterrepräsentiert sind. Meistens wurden die Drehbücher von Männern verfasst. Frauen waren in nur 24 Prozent der Fälle für das Schreiben verantwortlich und führten bei etwa einem Viertel der Filme Regie. Laut der Studie sind in Filmen, bei denen eine Frau die kreative Leitung übernimmt, deutlich mehr weibliche Figuren vertreten. Die Filme, bei denen Frauen für das Drehbuch oder die Regie verantwortlich sind, zeichnen sich durch eine vielfältigere und realistischere Darstellung weiblicher Charaktere aus. So bestehen 90 Prozent der Filme, die von Frauen inszeniert wurden, den Bechdel-Wallace-Test. Unter männlicher Regie dagegen nur 49 Prozent.

Mehr als nur ein Filmphänomen – Der Male Gaze in Videospielen

Auch in der Gaming-Welt ist der Male Gaze allgegenwärtig. Viele Videospiele zeichnen sich durch die sexualisierte Darstellung weiblicher Charaktere aus, die oft knapp bekleidet und unrealistisch proportioniert sind. Ein Paradebeispiel hierfür ist Lara Croft aus der Serie Tomb Raider, die häufig in enger Kleidung präsentiert wird. Ähnlich ist es bei der Hexe Bayonetta, die vor allem durch ihre provokativen Posen und hautengen Anzüge auffällt. Catwoman, aus der Arkham-Spielereihe, wird durch übertriebene Gehsequenzen und gezielte Kamerabewegungen als Schauobjekt inszeniert. Genau wie Mulvey die Verwendung von Kameratechniken und -bewegungen in Filmen beschreibt, nutzen Spielentwickler diese Mittel, um Figuren aus dem Male Gaze heraus darzustellen und sie zu sexualisieren.

Auch hier hilft es, einen Blick auf die Geschlechterverteilung von Spielentwickler:innen weltweit zu werfen. Diese zeigt, wie stark die Branche von Männern dominiert wird. Zwischen 2014 und 2021 bestand die Mehrheit der Entwickler mit 61 Prozent aus Männern. Frauen machten 30 Prozent und Nichtbinäre acht Prozent aus. Eine Dominanz, die maßgeblich beeinflusst, welche Geschichten erzählt und wie weibliche Charaktere dargestellt werden.

Dennoch gibt es auch positive Entwicklungen. Spiele wie The Last of Us Part II bieten mit ihren Protagonistinnen Ellie, einer lesbischen Frau, und Abby, einer muskulösen Frau, vielfältigere Darstellungen von Frauen, die neue Realitäten in der Charakterdarstellung schaffen.

Pinselstriche des Patriarchats 

Beispiele für den Male Gaze gibt es in der Kunst reichlich. Von Botticellis bekannter Venus aus dem späten 15. Jahrhundert bis zu Picassos Die Fräulein von Avignon von 1907. Viele Gemälde zeigen den Einfluss des männlichen Blicks. Sie stellen Frauen in einer Weise dar, die sie zu passiven Objekten der Betrachtung macht.

Édouard Manets impressionistisches Gemälde Das Frühstück im Grünen zeigt auf eine besonders bizarre Weise den Male Gaze in der Kunst. Zwei vollständig bekleidete Männer sitzen im Gespräch vertieft neben einer vollkommen nackten Frau. Im Hintergrund ist eine weitere Frau zu sehen, leicht bekleidet kniet sie im Wasser. Diese Darstellung betont die männliche Perspektive, indem sie Frauen als sexualisierte Objekte präsentiert.

„Das Frühstück im Grünen“ von Édouard Manet (1863) | Foto: Gemeinfrei

Etwas weniger skurril, aber dennoch stark vom Male Gaze geprägt, ist das Bild Die große Odaliske von Jean-Auguste-Dominique Ingres. Das Gemälde zeigt eine hellhäutige, nackte Frau, die auf edlen Stoffen liegt. Ihr Blick ist dem Betrachter über die Schulter zugewendet. Sie trägt einen Turban und orientalischen Armschmuck.

„Diese ganzen sexuell aufgeladenen Darstellungen der Frauen waren meistens vor einem Deckmantel geschaffen worden, also im Sinne von, entweder sie hatten einen mythologischen Hintergrund oder sie wurden an einen fernen Ort verlagert, in den vermeintlichen Orient. Dadurch konnte man quasi legitimieren, dass eine Frau nackt dargestellt wurde, weil sie eben nicht eine Frau aus der eigenen europäischen Gesellschaft war.“

Selvi Göktepe, Kunsthistorikerin und Kuratorin

„Die große Odaliske“ von Jean Auguste Dominique Ingres (1814) | Foto: Gemeinfrei

„Der Male Gaze spielt eigentlich schon immer eine Rolle“

Der männliche, sexistische Blick auf Frauen, ist kein neues Phänomen, und lässt sich auch in den Kunstsammlungen der Museen nachweisen. Eine Statistik des Metropolitan Museum of Art in New York aus dem Jahr 1989 zeigt, dass 85 Prozent der in den Museen ausgestellten Aktbilder weiblich waren, während der Anteil von Künstlerinnen in der Abteilung für Moderne Kunst bei weniger als fünf Prozent lag.

Die Guerlilla Girls, ein feministisches Künstlerkollektiv, stellten diese Diskrepanz infrage und machten mit ihrem ikonischen Poster, welches auf das Gemälde der Odaliske anspielt, auf das Ungleichgewicht aufmerksam. Im Jahr 2012 wiederholten sie ihre Aktion und mussten feststellen, dass sich wenig geändert hatte: Der Anteil weiblicher Künstlerinnen war sogar auf unter vier Prozent gesunken, während der Anteil von Aktbildern immer noch bei 76 Prozent lag.

https://www.metmuseum.org/de/perspectives/articles/2024/03/katy-hessel-audio-tour-guerrilla-girls-transcript © Guerrilla Girls, courtesy guerrillagirls.com

Warum die Kunstwelt schon immer männlich dominiert ist, haben wir die Kunstkuratorin Selvi Göktepe, tätig an der Staatsgemäldesammlung München, in unserem Podcast gefragt. Sie hat uns erzählt, welche Rollenbilder in der Kunst vermittelt wurden und warum sie sich dem feministischen Kuratieren verschrieben hat.

Was bedeutet der Male Gaze für Frauen?

In den sozialen Medien berichten immer mehr Frauen von einem hohen Druck, Männern optisch gefallen zu müssen. Der Griff in den Kleiderschrank wird zur Frage: „Was macht mich attraktiv und begehrenswert?“, anstatt: „Gefällt mir das, was ich anziehe, selbst?“ Die Darstellung aus dem Male Gaze heraus verstärkt stereotype Geschlechterrollen von Frauen – wie die der fürsorglichen Mutter, unschuldigen Jungfrau oder der verführerischen Frau – und reduziert sie auf ihr äußeres Erscheinungsbild und Attraktivität aus männlicher Perspektive.

Das hat vor allem Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die Selbstwahrnehmung von Frauen. In einer Gesellschaft, die von solchen Darstellungen durchdrungen ist – sei es in Filmen, Videospielen, Kunst oder Werbung – wird Frauen oft unterschwellig vermittelt, dass ihr Wert hauptsächlich in ihrem Aussehen liegt und davon abhängt, ob sie für Männer begehrenswert sind. Ihre eigenen Bedürfnisse spielen in den Medien eine untergeordnete Rolle.

Alternative Blicke – Der Female Gaze

Eine Gegenbewegung zum vorherrschenden Male Gaze ist der Female Gaze, also der weibliche Blick. Hierbei sollen Frauen nicht mehr durch einen cis-männlichen Blickwinkel betrachtet werden. Dadurch rückt eine Frage in den Mittelpunkt, die früher oft vernachlässigt wurde: Was möchten Frauen sehen?

Der Female Gaze legt Wert auf eine vielfältigere Darstellung, die sich nicht nur auf den Körper konzentriert. Statt Frauen als passive Objekte zu präsentieren, sollen ihre ganzen Facetten und Persönlichkeiten eingefangen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Fotografin Michele Aflatoon (Künstlername moony mane), die lange Zeit aus dem Male Gaze heraus fotografiert hat. Dabei ist ihr aufgefallen, dass auch sie in der Vergangenheit unterbewusst stereotype Darstellungen reproduziert hat, besonders in der Hochzeitsfotografie. Hier wurde der Mann häufig in dominanten Posen gezeigt, während die Frau eine untergeordnete Rolle einnahm.

Heute versucht Michele es anders zu machen. Bei einem Fotoshooting mit der Schauspielerin Martina Dähne haben wir Michele begleitet – Eine Frau vor und eine hinter der Kamera. Michele bemüht sich, Martinas Persönlichkeit einzufangen, im Shooting herrscht viel Bewegung, es wird gesprungen und getanzt. Die reine Attraktivität steht nicht im Mittelpunkt. Michele und Martina kommunizieren offen miteinander und teilen viele Lacher, ohne Anzeichen davon, dass sie sich heute zum ersten Mal treffen. Ob es Michele gelingt, sich vom Male Gaze zu befreien und den Female Gaze in der Realität auszuleben, könnt ihr im Video sehen.

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Malin Müller & Julia Ben-David

Was uns an diesem Projekt besonders fasziniert hat, ist, wie Selvi und Michele aktiv neue Perspektiven einnehmen, um den Male Gaze zu dekonstruieren. Ihre Kreativität inspiriert uns, stereotype Sichtweisen zu hinterfragen und eine vielfältigere Darstellung in unserer Gesellschaft zu fördern.