13 Jahre, zwei Aussagen, ein Fehlurteil?

Sind Fehlurteile, wie im Fall Mollath, Kulac oder Rupp, wirklich nur Einzelfälle oder sitzen weitaus mehr Unschuldige im Gefängnis als wir denken? Ein Projekt sieht genau hier Handlungsbedarf und will falsch Verurteilten zu ihrem Recht verhelfen.

Affäre, Habgier, Mord: Als ein Waschstraßenbesitzer in Übach-Palenberg, NRW, am 4. April 2009 tot aufgefunden wird, gerät ein Mann ins Visier der Ermittlungen. Er habe nicht nur eine Affäre mit der Ehefrau des Toten gehabt, sondern auch habgierig und hasserfüllt gemordet. 20.000 Euro seien ihm von der Ehefrau, seiner Geliebten, geboten worden. Daraufhin solle er das Opfer gemeinsam mit einem Komplizen in dessen Betrieb gelockt und brutal mit einem Brecheisen erschlagen haben. Zum Verhängnis wurde dem Mann schließlich das Geständnis seines angeblichen Mittäters. So liest sich der Tathergang in den damaligen Presseartikeln.

Der Mann ist Khalil Hachem. Bis zum 4. April 2009 führte der damals 58-Jährige ein mehr oder weniger normales Leben. Er war leidenschaftlicher Bistrobesitzer, Vater und sogar Großvater. Doch seit diesem Tag verbindet man in der Aachener Region mit dem Namen Hachem keinen Bistrobesitzer oder Familienvater mehr, sondern einen Mörder. Vielleicht ist diese Geschichte wahr, vielleicht aber auch nicht…

Keine Zweifel

7. Oktober 2009: Prozessauftakt am Aachener Landgericht. Khalil Hachem bestreitet jegliche Vorwürfe. Sein angeblicher Komplize hingegen schildert den Tathergang auch vor Gericht genau.

14. Dezember 2009: Die Würfel sind gefallen. Khalil Hachem wird nach nur zweimonatiger Prozessdauer zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Das heißt, dass noch vor Beendigung der 15 Jahre Haft erneut entschieden wird, wie viele Jahre Hachem zusätzlich verbüßen muss.

17. Dezember 2010: Khalil Hachems Revision scheitert. Sollte er wirklich unschuldig sein, ist nun die einzig verbleibende Chance, die Wiederaufnahme des Verfahrens.

2020: In Berlin starten Überlegungen, initiiert vor allem von Carsten Momsen, Professor für Strafrecht an der FU Berlin sowie Rechtsanwalt Stefan König, zu einem Projekt namens „Fehlurteil und Wiederaufnahme”. Echte Fälle, bei denen Zweifel an der Schuld des Verurteilten besteht, sollen noch einmal geprüft werden. Aber nicht nur von Anwälten, sondern primär durch Studierende. Das Interesse ist groß. So will auch Johannes Kaspar, Professor für Strafrecht, zusammen mit Carolin Arnemann, Anwältin für Wiederaufnahmen und Strafrecht, einen Standort an der Universität Augsburg etablieren.

„Unschuldigen zu ihrem Recht zu verhelfen”, sei laut Kaspar eines der Ziele. Für die Studierenden ergibt sich durch das Projekt ein Einblick in die Praxis: Aktenarbeit, Ablauf eines Strafprozesses, Herausforderungen einer Wiederaufnahme und Gespräche mit den Mandanten. Als Wissenschaftler betont Kaspar auch ein anderes mögliches Ziel des Projekts: Empirische Daten zu Fehlurteilen sammeln. Denn genau hier gibt es ein Defizit.

Fehlurteile sind keine Einzelfälle

Jedes vierte strafrechtliche Urteil sei falsch. Diese Einschätzung traf einst Ralf Eschelbach, Richter am Bundesgerichtshof. Nach dieser Rechnung würden jährlich etwa 10.000 Menschen zu Unrecht im Gefängnis landen. „Wenn Eschelbachs Einschätzung richtig wäre, wäre das für den Rechtsstaat fatal”, betont Kaspars Mitstreiterin Carolin Arnemann. Ein Fehlurteil entspricht dabei einer gerichtlichen Entscheidung, „die nicht dem tatsächlich Geschehenen entspricht”, so Arnemann. Genau hier liege laut ihr auch der Ansatzpunkt einer Wiederaufnahme: Es muss bewiesen werden, dass das, was im Urteil festgestellt wird, nicht das ist, was wirklich geschehen ist.

Arnemann und Kaspar sind sich einig, die Einschätzung von Eschelbach so nicht zu teilen. 25 Prozent, das wäre in Kaspars Augen zu viel, aber „wir wissen es einfach nicht”, sagt er mit einem frustrierten Unterton. Keiner von beiden kann eine alternative Einschätzung abgeben. Klar ist aber: Fehlurteile zerstören Existenzen, sind keine Einzelfälle und die Dunkelziffer ist hoch.

Klassische Fehlerquellen

1. Falsche Zeugenaussagen/Falsche Geständnisse

2. Nicht Erkennen von Schuldunfähigkeit gemäß §20 StGB

3. Einseitigkeit der Ermittlungen: Man konzentriert sich zu sehr auf eine bestimmte Hypothese der Täterschaft und des Tatablaufs, sodass man anderen Beweisen gegenüber nicht mehr offen genug ist und sich auf Beweise konzentriert, die die Hypothese stärken (sogenannte cofirmation bias).

Oktober 2021: Beginn der Projektarbeit in Augsburg. 100 Bewerbungen von Studierenden sind insgesamt eingegangen, aus denen Kaspar und Arnemann 25 auswählen mussten. Insgesamt gibt es nun fünf Studierenden-Teams á fünf Personen.

Doppelmord, Kindesentführung und Brandstiftung

Veronika Stierle ist eine von ihnen. Sie erzählt, dass die Studierenden-Gruppen unter Anleitung von Frau Arnemann und Herrn Kaspar vor allem die Vorprüfung der Fälle übernehmen. Das heißt: Akten lesen und auf Ungereimtheiten prüfen. Diese können sich zum Beispiel aus Zeugenaussagen ergeben. Nach Abschluss der Vorprüfung liege der Rest in Arnemanns Händen. Sie könne weitere Maßnahmen ergreifen und beispielsweise ein neues Gutachten in Auftrag geben. Abschließend stelle sie dann entweder einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder sie befindet die Lage als nicht ausreichend.

Die Fälle des Augsburger Projekts, die auf Ansatzpunkte für eine Wiederaufnahme geprüft werden, sind zum Beispiel eine Brandstiftung – der einzige Fall, in dem die potenziell unschuldige Person nicht mehr im Gefängnis sitzt. Ein anderer Fall: Seit mehr als 50 Jahren sitzt ein Mann im Gefängnis, der im Jahr 1970 mutmaßlich einen Doppelmord an zwei Frauen begangen haben soll. Ein anderer Mann soll ein kleines Mädchen getötet und vorgehabt haben, es sexuell zu missbrauchen. Außerdem noch eine Kindesentführung mit Todesfolge von 1981. Der fünfte Fall ist Khalil Hachem. Auch er bekommt durch das Projekt vielleicht die entscheidende Unterstützung auf dem Weg zu seiner Wiederaufnahme. Vermutlich ist das seine letzte Chance.

Wenn man sich vorstellt, dass einem ein geliebter Mensch genommen wird und man der Überzeugung ist, der Richtige büßt für diese Tat im Gefängnis, so muss es einem bei dem Gedanken an ein Wiederaufnahmeverfahren und dem möglichen Freispruch des Täters eiskalt den Rücken runterlaufen. Ist das Projekt also starker Kritik ausgesetzt? Die Justiz beäuge das Projekt womöglich kritisch, so Kaspar. Auch von Angehörigen-Seite schließe er eine Konfrontation nicht aus. Das Augsburger Projekt sei jedoch noch nicht so sehr „im Radar der Öffentlichkeit”. Interessanterweise fügt Kaspar hinzu: „Bei unseren Fällen gibt es in mindestens zwei Fällen von der Opferseite auch ganz große Zweifel, ob es den richtigen erwischt hat”, berichtet er. Er spricht vom Doppelmord und der Kindesentführung.

Schauspiel oder Wahrheit?

Und Khalil Hachem? Carolin Arnemann hat ihn als sehr reflektierten und eloquenten Menschen kennengelernt, der eine feste Meinung vertrete: Er ist unschuldig. Kaspar erzählt, Hachem sei bis heute über sein Urteil und die Unterstellung entsetzt und aufgebracht. Von Resignation, Verzweiflung oder Depression sei keine Spur, viel mehr von Wut. „Ich persönlich bin erstaunt, wie viel Energie er noch hat, wie viel Kampfgeist”, sagt Kaspar. Er fügt allerdings an: „Vielleicht schauspielert er aber auch nur gut – wir wissen es nicht”.

80 Seiten Hoffnung. © Privat

06.07.2022: „Ich wurde verurteilt, bevor das Strafprozessverfahren beginnen sollte”, schreibt mir Khalil in einem Brief aus der JVA. Auf 80 Seiten beschreibt er emotionsgeladen, voller Empörung, teilweise schwer verständlich, aber auch sehr detailliert, warum er nicht der Täter sein könne und wie er angeblich Opfer von „Verfälschungen” und „Täuschungen” wurde. Letztlich sei er durch „gänzlich falsche Tatsachenbehauptungen beschuldigt, angeklagt und verurteilt” worden. Er versichert auch, „dass ich meinen Kampf niemals aufgebe, nicht nur wegen meiner Person, sondern damit meine Kinder und deren Kinder von der Vorstellung ihr Vater/Großvater war ein Mörder” abkommen. Während man seine Zeilen liest, verliert man sich in seinen Ausführungen und Begründungen und erwischt sich für einen Moment dabei zu denken „vielleicht ist er wirklich unschuldig”. Liest man dagegen die Urteilsbegründung überkommt einen Frustration. All die von Hachem angeführten Ungereimtheiten, die man als Beweis für seine mögliche Unschuld gesehen hat, lösen sich auf und die Begründung des Gerichts wird nachvollziehbar. Man denkt: „Dieser Mann ist schuldig”. Ein verwirrender und deprimierender Zwiespalt. Wo liegt die Wahrheit?

Hachem: Seltsamerweise ist dieser Abdruck die einzige Spur am Tatort.

Urteilsbegründung: Der Komplize reinigte den Tatort wohl gründlich, deshalb gibt es keine weiteren Spuren

Hachem: Der Gutachter halte es unter Betracht der Blutspritzspuren für unwahrscheinlich, dass er sich beim Schlagen an jener Stelle abgestützt hätte.

Urteilsbegründung: Laut dem Sachverständigen sei ein Abstützen nicht gänzlich auszuschließen. Außerdem sei die Aussage des Komplizen, der Hachems Position beschreibt, nicht bis zuletzt gesichert, da er die Schläge nicht komplett beobachtet hätte. Hachem hätte sich also auch abseits des Schlagens dort abgestützt haben können.

Hachem: Er sei angeblich nie direkt nach dem Abdruck gefragt worden.

Urteilsbegründung: Er sei gefragt worden, wann er zuletzt vor Ort war. Er hätte geantwortet, dass er vor zwei Jahren zuletzt dort war. Dies hätte er auch weiter behauptet, als er auf gefundene Spuren neben der Leiche hingewiesen wurde.

Hachem: Der Handabdruck stamme vom Reinigen des Duschabflusses.

Urteilsbegründung: Es sei eine reine Schutzbehauptung Hachems, nachdem er von dem Abdruck erfuhr.

Hachem: Seine zeitlichen Einordnungen weichen von denen des Gerichts ab und er hätte somit laut Zeugenaussagen gar nicht an der Tat beteiligt sein können.

Urteilsbegründung: Diese Darstellung seien abzuweisen, da nur wenige Geschehnisse einem genauen Zeitpunkt zugeordnet werden können und seine Aussage und die, der Zeugen, auf Schätzungen beruhen. „Aus diesem Grund ist eine quasi mathematische Rückrechnung, wie sie der Angeklagte Hachem versucht hat, nicht möglich und nicht geeignet, die Unmöglichkeit seiner Tatbeteiligung zu belegen“.

Hachem: Er hätte einen Schlüssel von einem bestimmten Mitarbeiter bekommen, mit der Bitte, diesen weiterzugeben. Er hätte die Gründe und die Art der Schlüssel nicht gekannt.

Urteilsbegründung: Die Ehefrau des Opfers und angebliche Auftraggeberin habe die Schlüssel zum Tat-Raum nachmachen lassen, sie Hachem übergeben, und dieser hätte sie seinem Komplizen gegeben. Zwei Zeuginnen hätten die Ehefrau durch ein Lichtbild identifiziert und ebenso ihr Auto erkannt.

Urteil 2017: Da sich die Ehefrau nach dem Mord an ihrem Mann ins Ausland absetzte, stand sie erst sechs Jahre später vor Gericht – mit dem Ergebnis: Freispruch. Beide Zeuginnen hätten durch ein Farblichtbild des Autos verneinen können, dass es sich damals um dieses Auto handelte. Damit sei die Verbindung der Angeklagten sowie die Anfertigung des Schlüssels durch sie nicht nachweisbar.

Bei keinem der Fälle können Arnemann und Kaspar sicher sagen, ob die Verurteilten wirklich, wie sie behaupten, unschuldig sind. Es gäbe jedoch bei jedem Fall Ansatzpunkte, so auch bei Hachems, hinter die man ein Fragezeichen setzen kann. „Bei ihm sind wir uns alle auch nicht sicher, ob er nicht wirklich Opfer einer Intrige wurde”, sagt Kaspar. Im Vordergrund stehe nicht, dass man es wisse, sondern dass die Betroffenen die Chance bekommen.

Ein Gesetz ohne Wirkung

Diese Chance ist gering. „Ich bin Realistin genug, um sagen zu können: Es wird schwierig”, gesteht Carolin Arnemann. Der Weg zu einer Wiederaufnahme ist lang und kompliziert. Arnemann bezeichnet die Wahrscheinlichkeit auf eine Wiederaufnahme des Prozesses als „verschwindend gering”. Man bewege sich bei den Wiederaufnahmen, die tatsächlich auch zum Freispruch führen, im Null-Komma-Bereich. Die größte Herausforderung besteht bereits bei den Hürden der Antragstellung.

Die Voraussetzungen seien „wahnsinnig hoch”, was für Arnemann auf der einen Seite verständlich ist, denn sonst könne es jeder probieren. Nach einem Urteil müsse auch irgendwann ein Rechtsfrieden eintreten. Andererseits führt das zu einem gewissen Leerlauf des Gesetzes und der Chance für potenziell Unschuldige wie Hachem, Gerechtigkeit zu erfahren. „Die Justiz setzt nach Eintritt der Rechtskraft alles daran, ein Urteil nicht mehr hinterfragen zu müssen”, so Arnemann. Man scheue sich in den Augen der Anwältin davor, Fehler zu prüfen und Konsequenzen daraus zu ziehen.

Ich spreche mit Anwältin Carolin Arnemann genauer über die Problematik hinter Fehlurteilen und Wiederaufnahmeverfahren. Zusätzlich erzählt sie von ihrer Faszination, Urteile noch einmal zu hinterfragen, sowie den Herausforderungen ihres Berufs.

Juli 2022: Skype Interview mit Khalil Hachem. Mittlerweile sitzt der 71-Jährige seit 13 Jahren im Gefängnis. „Mir geht es sehr schlecht”, betont er aufgrund dieser Tatsache zu Beginn des Gesprächs. Er wirft den Ermittlungsbehörden und der Justiz vor, Beweise, die ihn eigentlich entlasten, zu Beweisen interpretiert zu haben, die ihn belasten. Allein der Tathergang sei in der Anklage falsch geschildert worden, weswegen es laut Hachem nicht zu einem Verfahren hätte kommen dürfen. Auch die angeblichen Motive, wie schon im Brief geschildert, weist er von sich. Und wieder: Diese Empörung, dieses Unverständnis über die Vorwürfe kombiniert mit seiner Sicht des Tatabends – man fängt an, ihm zu glauben.

Dann erinnere ich mich allerdings wieder an die Urteilsbegründung und befinde mich im gleichen Zwiespalt wie auch nach seinem Brief. Allerdings fragt man sich immerzu: „Kann man eine solche Wut vorspielen?”. Aus irgendeinem Grund halte ich das für wenig realistisch – ausschließen kann ich es allerdings genauso wenig.

Seinen Frust merkt man ihm besonders an, wenn es um die Zeit nach dem Gefängnis geht. Wo vermutlich viele Häftlinge nur die Freiheit oder Familie und Freunde im Sinn hätten, hat Hachem ganz andere Pläne:

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Bezüglich des Projekts erzählt Hachem, dass sich in seinem Gefängnis einige beworben hätten – nur er wurde ausgewählt. In das Projekt und eine Wiederaufnahme legt er all seine Hoffnung:

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Sollte Hachem wirklich unschuldig sein, stellt sich die Frage, wer für ein solches Schicksal und Fehlurteile allgemein verantwortlich ist. „Alle”, glauben Arnemann und Kaspar. Ein kritischerer Blick der Justiz und mehr Unvoreingenommenheit, sei es im Ermittlungsverfahren oder vor Gericht, würden helfen. Durch das Projekt solle die Wiederaufnahme in der Wahrnehmung der Justiz an Gewicht gewinnen, so Arnemann. Kaspar betont auch: „Man muss sich frei machen von dem Glauben, dass ein Fehlurteil immer heißt, dass irgendjemand etwas falsch gemacht hat”. Denn ein Richter könne alles richtig machen, wenn ihm aber wichtige Beweismittel fehlen, dann fällt er letztlich trotzdem das falsche Urteil.

Gerechtigkeit oder gescheiterte Hoffnung

Insgesamt wirken die Rechtslage und die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Wiederaufnahme mit Freispruch fast hoffnungslos, aber „es lohnt sich für jeden Einzelfall”, sagt Arnemann. Sie sehe Ansatzpunkte in Hachems Fall, zum Beispiel bei dem fragwürdigen Handflächenabdruck und den umstrittenen Zeugenaussagen. Die Aussagen könnten bezüglich des Mordes bestätigen, „dass er überhaupt nicht die Gelegenheit hatte”, glaubt Arnemann. Auch der Freispruch von Hachems angeblicher Auftraggeberin spiele dem Projekt in die Karten. Man müsse durch alte Beweismittel neue Tatsachen schaffen, damit eine Wiederaufnahme realistisch ist. „Dafür leben wir in einem Rechtsstaat, dass Menschen die Möglichkeit haben, ihre Urteile nochmal überprüfen zu lassen und dafür lohnt es sich zu kämpfen”, fasst die Anwältin zusammen.

2023: Frühestens dann wird feststehen, ob man sich innerhalb des Projektes entschlossen hat, nach der Fallprüfung einen Antrag auf Wiederaufnahme einzureichen und ob dieser Erfolg hatte. Man würde den Betroffenen keinen Gefallen tun, wenn man einen Antrag stelle und dieser sowieso abgelehnt werde, so Arnemann.

Vielleicht ist Khalil Hachem schuldig – dann sitzt er zurecht im Gefängnis. Vielleicht ist an seiner Geschichte und an den Ungereimtheiten, die das Projekt überprüft, aber auch etwas dran und er ist unschuldig – unschuldig und fast 15 Jahre im Gefängnis. Kahlil Hachem wäre dann ein Beispiel vieler Einzelschicksale, deren Weg von einem Fehlurteil hin zu Gerechtigkeit ein harter Kampf, aber in den meisten Fällen eine gescheiterte Hoffnung ist.