Historische Bildergalerie
Der zur Gemeinde Lenggries gehörende Ortsteil Fall verdankt seinem Namen der „Faller Klamm“, einem Wasserfall direkt neben dem Dorf. Bestehend aus einem Unter-, Mittel-, und Oberdorf bildeten circa 20 Wohn- und Betriebsgebäude, größtenteils aus Holz, den Jäger-Ort. Viele Prominente suchten das Tal für ihre Jagdurlaube auf. Darunter waren Ludwig Thoma, Paul von Hindenburg und König Ludwig II. – Letzterer ließ im nahegelegenen Vorderriß ein Jagdhaus und eine Kapelle errichten.
Da das Wasser der oberen Isar in den 20er Jahren vermehrt zugunsten des Walchensee- und Achenseekraftwerks abgeleitet wurde, führte die Isar in Trockenzeiten – wie hier in Bad Tölz zu sehen – zu wenig Wasser. „Eine ausreichende Wasserführung im Isarbett sicherzustellen“, lautete deshalb die 1947 vom Bayerischen Landtag formulierte Forderung. Ein Speichersee sollte für eine Niedrigwasser-Aufhöhung sorgen, indem er das Frühjahrs-Schmelzwasser auffängt und in Trockenzeiten wieder abgibt.
Der Speicher sollte neben der Aufhöhung des Niedrigwassers auch Hochwasserwellen zurückhalten können. Damit die Begleiter des Faller Postbusses nicht mehr, wie beim Hochwasser 1954 geschehen, den Straßenverlauf mit Stöcken erstasten müssen. Besonders die Schäden durch Sommerhochwasser sollten damit vermieden werden.
Die Hochwasser der Isar richteten über München hinaus bis nach Niederbayern – wie hier 1940 in Plattling – große Schäden an. So wusste man schon damals: Der Einfluss eines Speichers würde weit über den oberbayerischen Raum hinausgehen. Besonders die niederbayerischen Landtagsabgeordneten setzten sich deshalb für den Bau des Sylvensteinstaudamms ein.
Eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung hatte einst die Flößerei im oberen Isartal. Der Wildfluss Isar, genannt „die Reißende“, trug ihren Namen zu Recht. Aufgrund der Verengung des Isarbettes und starker Stromschnellen kam es gerade bei Fall immer wieder zu Unfällen – zahlreiche Sprengungen konnten die Gefahrenstelle schließlich weitestgehend entschärfen.
Die 113 Meter breite natürliche Engstelle zwischen der Sylvenstein- und Hennenköpflwand bot sich zum Bau des Speichers an. Mit nur wenig Sperrmaterial konnte das gesamte Faller Tal zur Rückhaltung großer Wassermengen genutzt werden. Als Erkundungsbohrungen und seismische Untersuchungen ergeben haben, dass das Naturgestein in der Sylvensteinenge von denkbar bester Beschaffenheit ist, blieb an der Standfestigkeit eines Staudamms kein Zweifel mehr. Somit konnte mit den Planungen begonnen werden.
Unten die alte, oben die neue Faller-Klammbrücke. Während des Baus wurde allerdings beschlossen, die Deutsche Alpenstraße nun doch statt durch die Jachenau über die neue Brücke zu führen. Eine Verbreiterung der Fahrbahn von sechs auf 7,5 Meter – und das bei bereits fertigen Pfeilern – war die Folge daraus. Nur durch die Ergänzung stählerner Mittelträger konnten die neuen Anforderungen umgesetzt werden.
Die schmalen Pfeiler unter der verbreiterten Fahrbahn der Faller-Klammbrücke erweckten schon damals einen beinahe leichtfüßigen Eindruck. Noch stehen die Häuser von Alt-Fall neben der Brücke. Bald schon müssen sie dem See weichen.
Von der neuen Faller-Klammbrücke konnte man noch einen guten Blick auf die letzten Tage von Fall werfen. Zu sehen sind das kleine Kirchlein in der Mitte, einige Bauernhöfe und das Wirtshaus.
So wurde 1954 schließlich mit dem Bau des Staudamms begonnen. Zur Umleitung der Isar wurde noch mit schwerer Handarbeit der Grundablassstollen und der Triebwasserstollen in das Gestein gesprengt. Das Ausbruchsmaterial wurde mit der heute antik anmutenden Baubahn aus dem Stollen transportiert.
Wenige hundert Meter neben dem alten Dorf wurde Neu-Fall errichtet. Manche Bewohner zeigten sich anfangs nicht gerade begeistert von den blechbedeckten Neubauten. „Neuschachtelhausen“ lautete die etwas abfällige Bezeichnung manch enttäuschter Faller für ihre neue Heimat. Ein Fortschritt waren die Häuser aber allemal: Waren die alten Häuser doch zumeist aus Holz und sehr rustikal. Jede Familie bekam zum Einzug eine Doppelhaushälfte und einen Garten zur Miete. Je nach Status manchmal auch mit Garage. Forstmeister und Förster erhielten eine – der Holzer ging leer aus. Ein Auto würde sich dieser, so dachte man damals, sowieso nie leisten können.
von Klaus Kloiber
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