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Einfach schwimmen lautet die Devise wohl für so manchen Fisch, egal ob im Meer oder in der niederbayerischen Donau. Doch das ist nicht immer ganz einfach. Während eines starken Hochwassers müssen die Fische ihren Instinkten folgen und versuchen, den reißenden Strömungen zu entgehen, um nicht abgetrieben zu werden. Wehre und Staudämme können während der Überschwemmungen ein ziemliches Hindernis darstellen. Aber auch nach einem extremen Hochwasser sind die Gefahren noch nicht gebannt.

Was bei einer Überflutung alles in dem mächtigen Strom landen kann, macht den Flussbewohnern auch hinterher zu schaffen. Da wären die Abwässer, die durch überforderte Abwassersysteme und Kläranlagen im Fluss landen, und für eine zusätzliche Belastung sorgen. Dann wäre da noch der abgetragene Boden überschwemmter Felder, deren Humus sich in den Gewässern ablagert und sie zusätzlich verschlammt. Auf den Feldern lauern zudem noch weitere potenzielle Gefahren für die heimische Flussfauna: Rückstände von Pestiziden und Düngern.

Die Dosis macht das Gift

Hier sind vor allem Phosphat und Nitrat zu nennen. Diese sind zwar eigentlich Nährstoffe, können aber in Gewässern bei einer Überkonzentration schädlich wirken. Auch Schwermetalle können durch ein Hochwasser verstärkt in Flüssen auftreten. Diese kommen
zwar in sehr geringen Konzentrationen natürlich vor und sind auch essentiell für die Flüsse und ihre Bewohner. Bei erhöhtem Gehalt jedoch können sie ebenfalls schädlich auf Organismen wirken.

Andere Stoffe dagegen, wie Mineralölkohlenwasserstoffe, die durch beschädigte und abgeschwemmte Heizöltanks austreten können, aber auch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe kommen nicht natürlich vor, und gehören somit nicht in ein Gewässer. Sie werden als latente
Schadstoffe eingestuft. Während die Bezeichnung Nährstoffe verschiedene organische und anorganische Stoffe umfasst, die von Lebewesen zu deren Lebenserhaltung aufgenommen und im Stoffwechsel verarbeitet werden, umfassen Schadstoffe alle Stoffe, die derzeit im ökologischen Gleichgewicht unserer Flüsse und Seen kurz- oder langfristige Störungen verursachen. Sie beeinträchtigen die Gesundheit des Menschen und seiner Umwelt. Dementsprechend sind einige Phosphor- und Stickstoffverbindungen, wie Phosphat und Nitrat, gute Beispiele. Sie sind je nach ihrer Konzentration Schad- oder Nährstoff.

Das Jahrhunderthochwasser

Das letzte extreme Hochwasser in Niederbayern Anfang Juni 2013 hat neben finanziellen Tragödien zu erhöhten Schadstoffkonzentrationen in der Donau geführt. Die Überflutung der landwirtschaftlichen Flächen führten zu einem massiven Eintrag von Bodenpartikeln und Schlamm und damit auch zu einer Sedimentverfrachtung. Schadstoffe sowie Schwermetalle und Pflanzenschutzmittel sind adsorptiv in den Sedimentpartikeln gebunden – sie reichern sich an der Oberfläche der Partikel an und gelangen mit ihnen in die Flüsse.

Zu den Stoffen Phosphat und Nitrat konnte das Wasserwirtschaftsamt Deggendorf 2013 Messungen in der Donau durchführen, um festzustellen, wie sehr die Überschwemmung landwirtschaftlicher Flächen die Phosphat und Nitrat Konzentration in der Donau beeinflusst. Beim Phosphat war ein Anstieg zu verzeichnen, dieser überstieg jedoch nicht das übliche Konzentrationsniveau im jahreszeitlichen Verlauf.

Die Messwerte bewegen sich insgesamt auf relativ niedrigem Niveau. Ende Juli und Anfang August sinkt der Phosphatgehalt stark ab. Hier vermutet das Wasserwirtschaftsamt einen Zusammenhang mit Algen. Diese haben den Nährstoff vermutlich aufgenommen und verbreiteten sich daraufhin massenhaft ab Mitte Juli 2013. Dies war durch einen starken Chlorophyllgehalt in diesem Zeitraum messbar. Eine erhöhte Algenkonzentration führt dazu, dass im Gewässer der Sauerstoffgehalt sinkt. Dadurch sterben Fische und andere Tiere an Sauerstoffmangel. Beim Nitrat hingegen war keine signifikante Veränderung der Konzentration während des Hochwassers Anfang Juni zu erkennen.

Zudem sorgte besonders die Überflutung der Gebiete Deggendorf-Fischerdorf und Niederalteich für einen Anstieg von Mineralölkohlenwasserstoffen in der Donau. Hier trat besonders viel Heizöl durch beschädigte Tanks aus, ebenso wie in der Altstadt Passaus. Allerdings konnten bei Messungen des Wasserwirtschaftsamtes Deggendorf im Abstrombereich der Gebiete Fischerdorf und Niederalteich nur leicht erhöhte Konzentrationen festgestellt werden.

Vom austretenden Heizöl hatte sich das Flusswasser in der Lederergasse in der Passauer Altstadt 2013 rot gefärbt.

Quelle: regiowiki.pnp.de/wiki/Hochwasser_2013_(Passau); Passauer Neue Presse

Prävention – komplex, aber machbar

Grundsätzlich ist das Thema Nährstoffe und Schadstoffe in den Gewässern komplex. Es gibt unzählige Stoffe in unseren Flüssen und bei allen ist ihre Konzentration entscheidend. Alle Stoffe und Organismen in den Flüssen beeinflussen sich gegenseitig, Balance ist wichtig. Diese wird durch die Menschen und seine Einflüsse erschwert.

Auch wenn bei einem sintflutartigen Hochwasser zunächst Leib, Leben und deren Sicherung oberste Priorität haben, gibt es dennoch Maßnahmen, die vorbeugend für die Flussbewohner ergriffen werden können. Besonders die Politik und die Landwirtschaft sind gefragt, aber auch der oder die Einzelne.

Um die Abschwemmung von landwirtschaftlichen Böden zu minimieren, müsste die Erosion möglichst minimiert werden. Maisfelder und Monokultur gilt es zu vermeiden, denn besonders beides in Kombination sorgt für einen lockeren Boden. Dazu kommt, dass der Untergrund regelrecht ausgelaugt wird, hoher Düngereinsatz ist nötig, damit der Mais überhaupt gedeiht. Doch wie bei allem, zieht so eine Forderung einen langen Rattenschwanz nach sich. Weniger Mais würde weniger Futtermittel für Tiere bedeuten, weniger Tiere bedeutet weniger Fleischkonsum.

Doch Abschwemmung betrifft nicht nur landwirtschaftliche Flächen. Durch Flächenversiegelung sorgen wir ebenfalls dafür, dass überschüssige Niederschläge nicht richtig ablaufen können. Bei einer Überflutung gewerblicher Flächen können ebenfalls Stoffe ins Flusswasser gelangen, die dort nichts zu suchen haben. Statt also immer weiter Landschaften zu versiegeln und Neubauten zu subventionieren, wie beispielsweise in Fürstenzell im Landkreis Passau den Bau eines neuen Lidl-Marktes direkt neben dem Alten zu fördern, sollte die Politik Flächenfraß eindämmen und bereits bestehende Flächen nutzen, statt sie verkümmern zu lassen.

Des Weiteren sollte besser kontrolliert werden, ob Heizöltanks ordnungsgemäß gesichert sind. Besonders in Hochwasserrisikogebieten sollten bei Neubauten Öltanks möglichst verboten werden. Denn auch wenn es so scheint, als wären nur die Anwohner oder die angrenzenden Gewerbebetriebe direkt von Hochwasser betroffen – die ökologischen Auswirkungen sind da, wenn auch nur gering. Wir tragen mit Flussbegradigung, Abholzung der Auenwälder, Bebauung der damit geschaffenen Flächen sowie mit unserer Landwirtschaft dazu bei, wie extrem Überflutungen werden können. Deswegen sollten wir unser Möglichstes tun, die Folgen für alle Beteiligten möglichst gering zu halten. Für Anwohner und Bewohner der Flüsse Niederbayerns.

von Jennifer Schneider